Über
Pablo Ardouin
Frankfurter Rundschau
Tango ist
Liebe, Leben, Leidenschaft
Wiesbadener Kurier, 28.2.1994
Blutige Vergangenheit
prägt seine Musik
Saarbrücker Zeitung, 15.3.1995
Wanderer
zwischen den Kulturen und Schauspielerin Ricarda Klingelhöfer
mit Werken von Neruda und Lorca
Presse AZ, Jan. 1998
Zusammenklang
aus fünf Nationen
Frankfurter Rundschau, 2.12.1999
Der Tango
zerfloss in stiller Trauer
Frankfurter Rundschau, 10.2.2000
Gewissen
des Aufruhrs
Kieler Nachrichten, 30.9.2000
Keine künstliche
Tanzstunden-Sentimentalität
Frankfurter Rundschau, 11.1.2001
Pablo Ardouin
und Tango Efusión: Censurado
Folker, Jan. 2002
"Meine
Eltern, Nachbarn, alle haben Tango getanzt..."
Ludwigsburger Kreiszeitung, 8.1.2002
Sinnlichkeit
und Emotionen für das Publikum
Ludwigsburger Kreiszeitung, 14.1.2002
Estación
del Tango
2.2.2002
Unerfüllten
Träumen hinterhergesungen
Lateinamerika Nachrichten, April 2002
Poetische
Lieder und sensible Texte
"Der Neue Tag" Tirschenreuth, 13.6.2002
Lieder mit
Herz und Seele
Badische Zeitung, 11.10.1003
Die perfekte
Liebe des Pablo Ardouin
Frankfurter Rundschau
"Tango
Efusión" begeisterte im Café Flamme
Fuldaer Zeitung
Bunter Streifzug:
Musik zwischen zehn Kulturen
Hildesheimer Zeitung
In drei
Silben
Kultur Spiegel
Wanderer
zwischen den Welten
Saarbrücker Zeitung
"Tango
Efusión" in der Harmonie: Sinnlich-elegant
Bonner Rundschau |
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REZENSIONEN
Ende des 19. Jahrhunderts führte das Schicksal einen französischen
Opernsänger aus der Gegend von Saint Simphorien mit dem Spitznamen
„Le petit Paul“ auf eine Konzertreise nach Argentinien.
„Le petit Paul“ kehrte nicht in seine Heimat zurück.
Er verliebte sich in eine Chilenin und überquerte kurz entschlossen
zu Pferd mit ihr die Anden um dort mit seiner Herzdame ein neues
Leben aufzubauen.
Ein paar Jahre später reiste der schottische Ingenieur Henry
Shand mit seiner Frau Mary Evans, einer hervorragenden Sopranistin
aus Gales, von der man sich erzählt, dass ihre Stimme Gläser
zum Zerspringen brachte, mit dem Schiff von Australien in Richtung
Lateinamerika, um im Auftrag seiner Firma in Chile in der Leitung
der Minen von Curanilahue zu arbeiten. Mary Evans brachte auf dieser
Reise, mitten auf internationalem Gewässer einen Sohn zur Welt.
Das zunächst staatenlose Kind bekam den Namen Henry Norman.
Henry Norman wuchs in Chile auf und gründete eine Familie mit
Elena Ortiz, einer Chilenin spanischer und indianischer Abstammung,
deren wunderschöne Sopranstimme und deren Hingabe zur chilenischen
und lateinamerikanischen Folklore maßgebend die Kindheit ihres
Enkels Pablo beeinflussen sollte, von dem hier in Folge die Rede
ist.
In dessen Eltern, Alfredo Ardouin, Enkel von „Le petit Paul“
und Mary Shand Ortiz, Tochter des Henry Norman Shand hatten sich
die Linien beider Familien gekreuzt.
Es ist wohl müßig zu rätseln, woher Pablo Ardouin
seine mächtige, jeden Saal mühelos füllende Stimme
hat und ob es lediglich der Einfluss seiner Großmutter war,
der ihn dazu brachte, in jungen Jahren zur Gitarre zu greifen, zu
texten und zu komponieren und Teil einer musikalischen und sozialen
Bewegung zu werden, die sich „Das neue chilenische Lied“
nannte. Aber es ist ohne Zweifel die Ironie des Schicksals, die
diesen Menschen nach Europa zurückführt, quasi in den
Schoß seiner Vorfahren. Anders als bei diesen geschah das
weniger aus freier Entscheidung, aber es war, so Pablo Ardouin,
auch Liebe im Spiel.
Pablo Ardouin wurde 1951 in Concepción geboren. Seine musikalische
Karriere begann Ende der 60er Jahre im Zenit der Bewegung “Das
neue chilenische Lied”. Er beteiligte sich an den kulturellen
Aktivitäten zur Unterstützung der Kandidatur Salvador
Allendes und in den darauf folgenden Jahren der Regierung der Unidad
Popular. Der blutige Militärputsch Pinochets im September 1973
und die grausame Ermordung Victor Jaras erstickte diese junge Bewegung
und zwang viele in den Untergrund. Auch Ardouins Leben wurde kräftig
durcheinander gewirbelt.
Nach und nach aber formierte sich der Widerstand. 1978 gründete
Ardouin gemeinsam mit anderen Künstlern aus der bildenden Kunst,
dem Theater, der Literatur und der Musik, die wie er nach Formen
des Ausdrucks ihres Widerstandes gegen die Pinochet-Diktatur suchten,
die Agrupación Cultural Concepción, die Konzerte,
Ausstellungen und Theateraufführungen organisierte und übernahm
deren Leitung.
Zehn Jahre lebte Ardouin unter der Diktatur, bis er schließlich
1983 nach Deutschland kam, wo er sich zunächst in Kiel und
dann in Frankfurt nieder ließ.
Ardouin ist nicht nur Autor eigener Lieder, er schreibt auch gelegentlich
kurze Beiträge und Geschichten, die mit Ironie und Witz von
den Erfahrungen der Chilenen und anderer Lateinamerikaner mit der
deutschen Kultur und deutschen Gewohnheiten berichten.
Als Musiker unterscheidet er sich deutlich von allem, was uns aus
der lateinamerikanischen Musik bisher bekannt ist, sowohl in seinem
musikalischen und literarischen Stil als auch in seiner Präsenz
auf der Bühne, seiner physischen Erscheinung und seinem Charakter.
Das Timbre seiner Stimme ist einzigartig. Ich assoziiere sie mit
den Begriffen ausdrucksstark, klar, silbrig und kraftvoll. Es reicht
jedoch nicht hin, eine Stimme mit Worten zu beschreiben. Man muss
diesen Mann auf der Bühne erlebt haben, um nachvollziehen zu
können, weshalb die chilenische Presse von seinem „Magnetismus“
sprach.
Wenn es die Saalgröße zulässt, verzichtet er gerne
auf technischen Schnickschnack und lässt so den direkten Kontakt
des Publikums mit seiner urwüchsigen Tenorstimme zu. Das ist
vor allen Dingen bei seinen Interpretationen des Tango argentino
imposant, wenn seine Stimme in Begleitung der akustischen Instrumente
Klavier, Kontrabass und Geige regelrecht erstrahlt und nicht wenige
Zuschauer gestehen, dass ihnen beim Zuhören ein Schauer über
den Rücken gelaufen ist.
Seine Art Gitarre zu spielen ist nicht klassifizierbar. Als Autodidakt
hat er seinen eigenen Stil kreiert, passend zu seiner Stimme, den
jeweiligen Texten und seiner Persönlichkeit. Die Festlegung
auf einen bestimmten Stil würde ihn ganz sicherlich in ein
Korsett zwängen, das nicht zu ihm passt. Die Schwierigkeit,
ihn nicht eindeutig zuordnen zu können spricht für seine
kreativen Fähigkeiten, hatte aber offensichtlich auch zur Folge,
dass sich keine Welle fand, mit der er – trotz seines Talentes
– ganz nach oben gespült worden wäre.
Ardouin ist ein Musiker, der sich immer auch den sozial-ethischen
Werten verpflichtet fühlt. Er lässt sein Publikum nicht
im Zweifel über seine Haltungen, ohne dass er je ins Pamphletarische
abfällt. Die Kommunikation mit dem Publikum ist ihm wichtig.
Für alle, die kein Spanisch sprechen, erklärt er seine
Lieder – oft mit Sinn für Humor und einem gewissen Schalk,
der durch sein keineswegs akzent- und fehlerfreies Deutsch einen
besonderen Charme erhält.
In seinen eigenen Liedern besingt er Personen, Begebenheiten und
Erlebnisse, ließ sich aber auch inspirieren von großen
zeitgenössischen Schriftstellern wie Bertold Brecht, Pablo
Neruda, Federico García Lorca und Pablo de Rhokka. Ersteren
hat er ins Spanische übersetzt und neu für lateinamerikanische
Gitarre arrangiert, von den anderen hat er Texte in einer ungewöhnlichen,
sehr melodischen Art und Weise vertont, so dass die Musik nicht
einfach nur Untermalung des Textes ist, sondern mit diesem eine
Symbiose eingeht und man den Eindruck gewinnt, die Gedichte seien
von vorneherein als Liedtexte verfasst worden.
Pablo Ardouin ist ein Wanderer zwischen den Kulturen, der die unterschiedlichsten
Strömungen, die die europäische und lateinamerikanische
Musik zu bieten haben, in seiner Person vereint und in seinem Reisegepäck
mitführt.
Mark Obert
Frankfurter Rundschau
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